Wer fände es nicht spannend, ab und an die Tiere zu verstehen, die den Menschen so durch den Tag begleiten? Sei es das eigene Haustier oder der Igel, der sich im Garten versteckt. Und was denkt wohl die Amsel, welche sich auf dem Fenstersims in den vergessenen Blumentöpfen vergnügt?

Tiere kommunizieren auf vielfältige Art und Weise, je nach Tierart interagieren sie über akustische, chemische visuelle und elektrische Signale oder auch mittels Gebärden und ritualisierten Verhaltensweisen, wie die Tanzsprache der Bienen. 

In Fabeln und Märchen sprechen Tiere oft menschliche Sprachen und verhalten sich wie Menschen, eine Darstellung, die lange Zeit den wissenschaftlichen Blick auf die tatsächlich komplexen Kommunikationssysteme der Tiere verstellte. Erst durch die Entschlüsselung der Tanzsprache der Honigbienen durch Karl von Frisch wurde in der westlichen Wissenschaftsgemeinschaft erkannt, dass die Fähigkeit zur Sprache nicht nur dem Menschen vorbehalten ist, was zu einem grundlegenden Umdenken in der Naturforschung führte. Währenddessen wussten indigene Gemeinschaften auf der ganzen Welt seit langem, dass Tiere ihre eigenen Formen der Kommunikation besitzen (mehr dazu: Buch «The Sounds of Life» von Karen Bakker).

Mit den Fortschritten in der Künstlichen Intelligenz erhält die Erforschung der Tierkommunikation neuen Aufschwung. Dank der Fähigkeit der Künstlichen Intelligenz, grosse Datenmengen schneller zu verarbeiten, erhoffen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Erkenntnisse in der Tierkommunikation.

Wie kann KI helfen Tiere zu verstehen?

Felix Effenberger betrachtet Sprache – sei es menschlich oder tierisch – als eine Menge an regelmässigen Mustern in umfangreichen Datensätzen. Künstliche Intelligenz (KI) kann die Arbeit, solche Muster zu identifizieren und nachzubilden, erheblich erleichtern.  Effenberger und sein Team sind der Ansicht, dass KI nicht nur menschliche Sprachmuster erkennen, sondern auch tierische Laute wie Vogelgesang, Delfinkommunikation oder Hundebellen dekodieren kann.

Verstehen von Tiersprachen: Ein Schlüssel zur menschlichen Empathie?

In der Sendung «Kulturplatz» betont Felix Effenberger die Bedeutung des Verstehens von Tiersprachen für die menschliche Empathie. Er glaubt, dass ein tieferes Verständnis der Tiersprache unsere Beziehung zu Tieren verbessern könnte. Während wir Haustiere wie Familienmitglieder behandeln und uns um ihr Wohlergehen kümmern, sind wir gegenüber anderen Tieren oft gleichgültig.

Effenberger ist überzeugt, dass wir grundlegende Signale über das Befinden von Tieren entschlüsseln könnten, wie etwa: «Es geht mir gut, ich habe Hunger, ich brauche etwas».

Doch was ist mit Entschlüsselung genau gemeint? Werden die Laute 1:1 in Wörter übersetzt werden können? Professor Dr. Richard Hahnloser hält fest, dass es bei der Entschlüsselung vielmehr darum gehe, Tierlaute in ihren Kontext setzen zu können. Das bedeutet, zu verstehen, was ein bestimmter Laut in der Umgebung des Tieres oder bei anderen Tieren bzw. Tierarten bewirkt und welche Verhaltensweisen daraus folgen. 

Das Dilemma des Verstehens tierischer Sprache

Allerdings kann das Verständnis der tierischen Sprache auch missbräuchlich genutzt werden, wie Karen Bakker in ihrem Buch «The Sounds of Life» hervorhebt. Bakker warnt, dass die Fähigkeit, mit Tieren zu kommunizieren, sowohl ein Segen als auch ein Fluch sein kann, und wir müssen sorgfältig darüber nachdenken, wie wir unsere technologischen Fortschritte zur Interaktion mit der natürlichen Welt nutzen. Wir können unser Verständnis der Tierkommunikation dafür nutzen, um ein Gefühl der Verwandtschaft mit der Natur zu erlangen und möglicherweise sogar einige der von uns verursachten Schäden zu heilen, aber wir laufen auch Gefahr, unsere neu gewonnenen Fähigkeiten zu nutzen, um unsere Herrschaft über Tiere und Pflanzen durchzusetzen.

 

Ein Projekt mit grossen Ambitionen: Earth Species Project

Ein Projekt, das sich der Nutzung von Künstlicher Intelligenz zur Entschlüsselung nicht-menschlicher Kommunikation widmet ist das «Earth Species Project». Sie sind der Überzeugung, dass das Verständnis der Tiersprache Beziehung zum Rest der Natur verändern wird.

Ihr Anspruch ist es ihre gesamte Arbeit in einem frei zugänglichen Datenspeicher – der Earth Species Project Library – öffentlich zugänglich zu machen. Das Ziel dabei sei es, dass Forscher*innen weltweit nicht mehr für jedes Projekt das Rad neu erfinden müssen, sondern von Bestehendem profitieren können. 

KI in der Tierkommunikation: Ein Diskussionsthema für den Schulunterricht

Die Nutzung von KI als Mittel zur Entschlüsselung tierischer Kommunikation bietet eine hervorragende Gelegenheit, um im Schulunterricht über die Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz nachzudenken. Dieser Blogpost regt zu wichtigen Fragen an, wie zum Beispiel:

  • Wie könnten wir Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, um die Sprache der Tiere besser zu verstehen, und welche Tiere würdet ihr am liebsten verstehen wollen?
  • Glaubt ihr, dass ein besseres Verständnis der Tiersprache unsere Beziehung zu Tieren verändern würde? Warum oder warum nicht?
  • Karen Bakker sagt, dass die Fähigkeit, mit Tieren zu kommunizieren, sowohl gut als auch schlecht sein kann. Was denkt ihr, wie sollten wir diese Fähigkeit nutzen?

Diese Diskussionen können uns dabei helfen, ein tieferes Verständnis für die komplexen Beziehungen zwischen Mensch, Technologie und Natur zu entwickeln. 

Gerne hören wir von dir, was ist deine Meinung dazu? Hast du das Thema Künstliche Intelligenz mit deiner Klasse bereits thematisiert? Schreib es uns in die Kommentare.
 
 

Quellen:

BBC (2023). How artificial intelligence is helping us talk to animals. [3.1.23]

Bendlin, J. (2023). KI sei Dank: Können wir bald mit Delfinen diskutieren? [3.1.23]

(2022). How tech is helping us talk to animals. [15.1.23]

Earth Species Project (o.J.). Earth Species Project. [4.1.23]

Espenlaub, F. (2023). Kann KI bald mit Tieren sprechen? [4.1.23]

Parshley, L. (2023). Artificial Intelligence Could Finally Let Us Talk with Animals. [3.1.23]

Schesswendter, R. (2023). Mit Tieren sprechen dank KI: Expertin warnt vor Risiken. [3.1.23]

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