Vielfach würde bei Augmented Reality (AR) sowie Virtual Reality (VR) bemängelt, dass Kinder sich zu viel mit der digitalen Welt beschäftigen und wichtige reale Erlebnisse mit Gegenständen, Materialien usw. auf der Strecke bleiben. Gerade im kreativen Spiel, würden Kinder ihre Fantasie einsetzen, während sie die Welt um sich herum erforschen und mit ihr interagieren. Dieser Prozess des aktiven Entdeckens trage zu einer reichen und unvergesslichen Kindheit bei und biete die Grundlage für kreative Problemlösefähigkeiten, die ein Leben lang wichtig sind.
Eine wichtige Komponente in Erfahrungslernen des kreativen Spiel ist die physische Interaktion. Kinder verbringen jedoch immer mehr Zeit damit, in die digitale Welt einzutauchen und Inhalte zu konsumieren. Fernsehen und Videospiele dominieren, während die kreative Aktivitäten wie Erkundung und Entdeckung in dieser zunehmend digitalen Welt leiden.
Doch gerade hier kann AR Lösungen bieten. AR birgt ein einzigartiges und vielversprechendes Potenzial, um die Brücke zwischen realen Aktivitäten und digitalen Erfahrungen zu schlagen. Sie geben den Nutzer:innen die Möglichkeit, ihre Vorstellungskraft einzusetzen und ihre Kreativität zu fördern. AR ermöglicht es uns, die volle Leistungsfähigkeit und Popularität von Mobilgeräten zu nutzen und die traditionellen Aktivitäten des kreatives Spiel. Für die Bezeichnung dieses Konzepts zur Förderung von Interaktion, Entdeckung, Erkundung und Fantasie in der realen Welt durch AR wird der Begriff «Augmented Creativity» vorgeschlagen.
Augmented Creativity
Das Konzept «Augmented Creativity» setzt AR auf modernen Mobilgeräten ein, um kreative Aktivitäten in der realen Welt zu verbessern, die Bildung zu unterstützen und neue Interaktionsmöglichkeiten zu eröffnen.
Im TEDxZurich Talk präsentiert Robert Sumner das Konzept „Augmented Creativity“. Robert Sumner ist stellvertretender Direktor von Disney Research Zurich (DRZ) und ausserordentlicher Professor an der ETH Zürich. Bei DRZ leitet Robert Sumner die Forschung im Bereich Animation und Spiele. Seine Forschungsgruppe ist bestrebt, den kreativen Werkzeugkasten der Designer:innen in Bezug auf Darstellung, Bewegung, Deformation, Stilisierung, Kontrolle und Effizienz erweitern. An der ETH unterrichtet Robert einen Kurs namens Game Programming Laboratory, in dem Studierende der ETH und der Zürcher Hochschule der Künste in kleinen Teams neuartige Videospiele entwerfen und umsetzen. Im Jahr 2015 gründete Robert das ETH Game Technology Center, das die Forschung, die Lehre und die Öffentlichkeitsarbeit der ETH zusammenfasst.
Sechs Applikationen
Im TEDxZurich Talk werden einige Anwendungsbeispiele für «Augmented Creativity» demonstriert. Im veröffentlichten Paper «Augmented Creativity: Bridging the real and virtual worlds to enhance creative play» werden insgesamt sechs Szenarien in Form von App’s vorgestellt
Diese sechs Prototypanwendungen machen das Konzept der „Augmented Creativity“ (Erweiterten Kreativität) konkret erfahrbar. Die Anwendungen ermöglichen eine einzigartige Verbindung zwischen der realen und digitalen Welt:
1. Malbuch
Mit dieser App können Kinder Figuren in einem gedruckten Malbuch ausmalen und ihr Werk mit einem mobilen Endgerät, wie einem Tablet oder Smartphone zum Leben erwecken.
2. Musik-Arrangement
Diese Anwendung ermöglicht es den Benutzer:innen, einen bestehenden Song mit verschiedenen musikalischen Elementen zu arrangieren. Die verfügbaren musikalischen Elemente sind in zwei unabhängige Dimensionen unterteilt: Stil und Instrument. Die Benutzer:innen können Instrumente und Stile unabhängig voneinander auswählen und den Song nach den eigenen Vorstellungen komponieren.
3. Körperlich-interaktives Spiel
Die Spieler:innen umgeben einen würfelförmigen AR-Marker in der Mitte des Raums. Jede/r Spieler/in trägt ein Tablet, mit dem virtuell mit dem Spiel und den anderen Spieler:innen interagiert wird. Bis zu vier Spieler:innen können an einem Spiel teilnehmen, in dem sie eine Invasion von Ausserirdischen verhindern müssen, die in unsere Welt eindringt.
Bei diesem Spiel arbeiten die Spieler:innen zusammen, kommunizieren, koordinieren und synchronisieren sich, um clevere Strategien anzuwenden und das Spiel zu gewinnen. Als pädagogisches Instrument lehrt das Spiel die Kinder, die aktuelle Situation schnell einzuschätzen und zu entscheiden, ob sie die Punkte für sich selbst beanspruchen sollten oder ob die Gewinnchance erhöht wird, indem sie die Punkte für andere Teammitglieder liegen lassen. Koordination und Kooperation sind gefragt, um die höchste Punktzahl zu erreichen.
4. Stadtweite Spiele
Der stadtweite AR-Spielrahmen konzentriert sich auf Schnitzeljagdspiele. Die Spielenden werden auf eine Suche geschickt, die durch die Stadt führt, um einen versteckten Schatz zu finden. Der Spieler besucht mehrere Orte, die mit Hilfe von Textbeschreibungen und Hinweisen gefunden werden. An diesen Orten muss der/die Spieler/in AR-Rätsel lösen, um weiter zu kommen. Die Quests führen die Spielenden durch historische Stätten und berühmte Orte der Stadt. Gleichzeitig sind die Rätsel inspiriert von den historischen Ereignissen der Orte.
5. Erstellung interaktiver Erzählungen
Bei interaktiven Erzählungen tauchen die Nutzer:innen in virtuelle Welten ein, in denen sie Handlungen schaffen oder beeinflussen. Die Benutzer:innen werden zu einem integrierten Bestandteil einer sich nicht linear entfaltenden Geschichte, ihre Handlungen haben weitreichende Konsequenzen und beeinflussen den Ausgang der Geschichte.
6. Roboter-Programmierung
In dieser Anwendung programmiert das Kind das Verhalten des Roboters, indem es die Ereignisse mit Aktionen verknüpft. Ein solches Ereignis-Aktions-Paar könnte bzw. folgendermassen aussehen: Wenn der Roboter ein Objekt auf seinem vorderen Sensor sieht, muss er anhalten und rot aufleuchten.
Diese Arbeit zeigt, dass die visuelle Programmierung eines Roboters mit AR nicht nur die Kreativität der Kinder fördert, indem sie Verhaltensweisen in den Roboter programmieren können, sondern ihnen auch die wichtigsten Konzepte der Informatik lehrt. AR spielt eine wichtige Rolle fürs Verständnis, indem es die Dynamik der Programmausführung sichtbar macht.
Die von der ETH Zürich im Game Technology Center entwickelte App „GTC Showcase“ ist für iOS und Android verfügbar. Sie enthält News und Demos zu aktuellen Forschungsprojekten. Die Links zum Download der App sind hier zu finden. Wie findet ihr das Konzept der «Augmented Creativity»? Welche Vorteile seht ihr in den Apps und habt ihr sie selbst auch ausprobiert?
Quellen:
F. Zünd, M. Ryffel, S. Magnenat, A. Marra, M. Nitti, M. Kapadia, G. Noris, K. Mitchell, M. Gross, R. W. Sumner (o.J.). Augmented Creativity: Bridging the real and virtual worlds to enhance creative play. [21.9.22]
2 Anworten auf „Augmented Creativitiy – Erwecke Bilder zum Leben!“
Guten Tag
Ich suche die App «Augmented Creativity» zum Installieren, kann aber leider keinen Link finden.
Herzlichen Dank für Ihre Hilfe und
freundliche Grüsse
S. Hotz Riek
Liebe Frau Hotz Riek,
Vielen Dank für Ihr Interesse am Inhalt unseres Blogposts.
Hier ist der Link zum Download der App: https://augmentedcreativity.ch/.
Ich hoffe, es funktioniert.
Herzliche Grüsse
Team Trendscouting