Die 3D-Druck-Stifte sehen – je nach Modell - ein wenig aus wie überdimensionierte Kugelschreiber bzw. erinnern sie optisch an das bei vielen Kindern derzeit beliebte Audio-Gerät, mit dem man nur auf die Seiten eines Buches tippen muss, und schon erklingt eine passende Geschichte – man weiss nicht so recht: Spielzeug? Oder Lernmedium? Die Firma 3Doodler bietet ein sog. MINT School Kit an und wir haben uns gefragt – was ist dran, an diesem Produkt und was hat es überhaupt mit digitalem 3D-Druck zu tun? Schaut man die Geschichte des 3D-Drucks an, erklärt das aber einiges …

Am Anfang war die Leimpistole

Das erste 3D-gedruckte Objekt, soll mittels einer Heissklebepistole entstanden sein. Steven Scott Crump, Erfinder, Maschinenbauingenieur und Vater einer damals zweijährigen Tochter, experimentierte damit Ende der 1980er Jahre in den USA unter Verwendung verschiedener Kunststoffmischungen, bis ein Spielzeugfrosch für seine Tochter dabei herauskam. Der Rest ist Geschichte: Angeregt von den ersten Experimenten tüftelte er an einer Maschine, die solche und ähnliche Figuren automatisch herstellen würde. Er kombinierte die Funktion einer Leimpistole mit einer Maschine, die in drei Achsen – X, Y und Z — gesteuert werden konnte. 1989 wurde ihm das Patent für die FDM-Technologie erteilt, 1992 kam der erste funktionsfähige Drucker auf den Markt und das Paar Crump gründete die Firma «Stratasys», in der beide noch heute im Aufsichtsrat sitzen und dadurch an der Weiterentwicklung und Verbreitung der Technologie beteiligt sind.

Die ersten Schritte in Richtung Additive Fertigung, wie der Oberbegriff für 3D-Drucktechnologien eigentlich lautet, erfolgten zwar bereits Anfang der 1980er Jahre mit der Erfindung der Stereolithographie und dem Selektiven Laser Sintern, doch erst der digitale Workflow dank geeigneter Schnittstellen zwischen Entwurf und Maschine und das leicht zu handhabende FDM-Verfahren verhalfen dem 3D-Druck zu der Bekanntheit und Verbreitung, wie wir sie heute erleben.

Was ist dran am 3D-Doodlen?

Studierende der PH Bern testen die Stifte und das mitgelieferte Zubehör. Zum Schulkit gehören sechs Stifte, eine Box mit farblich sortierten Filamentstäben aus Kunststoff, verschiedene Schablonen und gerasterte Unterlagen sowie eine Box für Lehrpersonen mit Anregungen für den Unterricht. Zu zweit machen sich die angehenden Lehrpersonen auf ins analoge 3D-Zeichnen. Die Ambitionen sind gross: Aufgrund ihrer bisherigen Kenntnisse vom 3D-Druck oder durch Videos im Internet erwarten die Studierenden, mit dem Stift tatsächlich in die Luft zeichnen zu können. Doch das ist schwieriger, als gedacht. Der feine Faden neigt dazu, nach unten zu fliessen, es lassen sich, wenn überhaupt, nur kurze Distanzen frei schwebend überbrücken. Einfacher ist es dann schon, die Teile für ein Haus, einen Würfel oder einen Namenszug zuerst flach zu zeichnen und dann Stück für Stück zusammenzusetzen.

Das Schreiben mit dem Stift ist ebenfalls eine neue Erfahrung. Hochkonzentriert entstehen Namenszüge in wortwörtlicher Schnürlischrift. «Das braucht etwas Feingefühl, um es auch wirklich schön führen zu können und man darf nicht zu schnell ziehen aber auch nicht zu langsam»

Die Studierenden lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Eine Gruppe verziert eine PET-Flasche, die gerade in Reichweite stand und leistet sich im Freihand-Drucken gegenseitig Unterstützung durch zeitweises „Halten“ des Filaments. Dieses wird längst nicht so heiss wie in der Klebepistole oder dem 3D-Drucker, was von Vorteil ist, wenn an der ein oder anderen Stelle mit dem Finger nachgeholfen wird. Während die Düse bei einem 3D-Drucker bis zu 210°C erreicht, beginnt das Spezial-Filament für die kinderfreundlichen Stifte schon bei niedrigen Temperaturen zu schmelzen, sodass keine Verbrennungsgefahr besteht. Laut Herstellerangaben ist der Kunststoff biologisch abbaubar und frei von BPA, sodass weder die Raumluft noch die Umwelt beeinträchtigt werden.

Fazit

In der Auswertungsrunde werden die ersten Eindrücke und Herausforderungen gesammelt und besprochen. Fazit: eine interessante Erfahrung, die fast unweigerlich zu ähnlichen Fragen führt, die sich auch schon Steven Scott Crump gestellt haben mag: Wie gelange ich in die Höhe? Wie kann ich die Geschwindigkeit und Regelmässigkeit der Stiftführung verbessern? Wie wird das Material im Stift vor- und zurückbewegt und kann man auch die Farbe wechseln?

Durch das Ausprobieren der 3Doodler konnten die Studierenden die Funktionsweise sowie technische Lösungen eines 3D-Druckers besser nachvollziehen: Das konsequent schichtweise Drucken, die Berechnung und Positionierung von Supportstrukturen bzw. das Vermeiden grosser Überhänge beim Modellieren, der automatische Feeder zum kontinuierlichen Materialtransport und die Zuverlässigkeit eines Koordinatentischsystems. 

Insgesamt eine gelungene Erfahrung um den Einstieg ins 3D-Drucken zu wagen. 

 

Quellen:

Klahn, C. & Meboldt, M. (2018). Entwicklung und Konstruktion für die Additive Fertigung. Würzburg: Vogel Business Media.

Leutenecker-Twelsiek, B. (2019). Additive Fertigung in der industriellen Serienproduktion: Bauteilidentifikation und Gestaltung. [Dissertation] URL: https://doi.org/10.3929/ethz-b-000347164

WobbleWorks Inc. (2022). 3Doodler. URL: https://learn.the3doodler.com/edu/

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