Sprache wandelt sich aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen. Jüngere Menschen gelten als Innovatoren in der Kommunikation. In sozialen Netzwerken experimentieren und kreieren sie neue Formen des Schreibens. Abkürzungen wie «lol» («laughing out loud»: man findet etwas lustig) oder «wm» («Was machsch?») sind im virtuellen Sprachgebrauch fester Bestandteil. Neben Abkürzungen und Neologismen verändert sich auch die Anwendung der Grammatik. Die weitreichende Veränderung in der Kommunikationswelt erntet verschiedene Meinungen. Gewisse möchten diese neuen Sprachcodes kommerzialisieren, andere Gruppen wollen die Sprache stärken so wie sie ist. Der Umgang als Lehrperson mit der Veränderung der Sprache durch das Internet kann sowohl herausfordernd als auch spannend sein.

Mithilfe einer Untersuchung von Internet-Chatrooms bei Mädchen im Jugendalter wurden neue Formen der sozialen und sprachlichen Interaktion analysiert. Die Interview- und Beobachtungsdaten zeigen, dass die Möglichkeiten der digitalen Technologie durch Junge fliessend genutzt werden. Jüngere Menschen sind oft anpassungsfähiger und können sich schneller im technologischen Zeitalter zurechtfinden. Häufig sind diese Technologien als männerdominiert angesehen, diese Studie zeigt jedoch, dass Mädchen sich im Umgang mit neuen Technologien wohlfühlen und selbstbewusst sein können (Merchant, 2001).

Mit dem Gebrauch der Online Chaträume entwickeln sich sprachliche Innovationen innerhalb sozialer Netzwerke. Teenager sprechen «auf Pinnwände» und schicken sich Gifs, Bilder und Tondateien. Im Chat wird oft ohne Rücksicht bezüglich Rechtschreibung und grammatikalischer Vollständigkeit getextet. Auch im Alltag wird häufig gesprochen, wie im Chatroom geschrieben wird. Gewisse Trends, wie das Verzichten auf gewisse Grammatik- und Rechtschreibregeln sowie das Auslassen von Vokalen kann das Schreiben der SchülerInnen verschlechtern. So entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Wandel der Sprache und der Erhaltung und Verbreitung der Sprachen mit ihren Regeln (Merchant, 2001). Eine zweijährige Studie mit nordamerikanischen Jugendlichen zeigt jedoch nur Veränderungen in Kurzformen und Sprachregister. Die Grammatik würde im Internet-Sprachgebrauch nicht degenerieren (Tagliamonte, 2016).

Lächelnde junge Frau schaut auf ihr Handy (Quelle: envatoelements)

 

Ob die Grammatikregeln nun benutzt werden oder nicht, Lehrpersonen und Eltern müssen die Bedeutung der korrekten Sprache betonen, damit Jugendliche auch weiterhin die Regeln in ihren Sprachgebrauch übernehmen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Vielfalt der neuen Schreibpraktiken auch anerkannt werden. Der Sprachwandel ist von Bedeutung und stellt bestehende Formen der Kommunikation in Frage. Veränderungen entstehen auch ausserhalb des Internets, häufig unbewusst: Sprache passt sich den gesellschaftlichen Tatsachen an. «Einige Veränderungen [werden] in Teilbereichen der Sprache von einzelnen Gruppen der Sprachgemeinschaft als „unschön“ oder bisherigen Normen widersprechend und damit als „unangemessen“ bewertet» (Siehr, 2009). Lehrpersonen können die SchülerInnen unterstützen, indem sie Standards im schriftlichen Bereich aufrechterhalten und Sprache nicht als starres Konstrukt sehen. Ein Austausch mit anderen Lehrpersonen bezüglich grammatischer Veränderungen und neuen Wörtern lohnt sich.

Quellen:

Merchant, G. (2001). Teenagers in cyberspace: An investigation of language use and language change in internet chatrooms. Journal of Research in Reading, 24(3), 293–306. https://doi.org/10.1111/1467-9817.00150

Siehr, K.-H. (2009). Sprachwandel und Entwicklungstendenzen als Themen im Deutschunterricht: Fachliche Grundlagen – Unterrichtsanregungen – Unterrichtsmaterialien. Universitätsverlag Potsdam.

Tagliamonte, S. A. (2016). So sick or so cool? the language of youth on the internet. Language in Society, 45(1), 1–32. https://doi.org/10.1017/s0047404515000780 

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